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  • AutorenbildSebastian Kieback

Was der Koalitionsvertrag für die Immobilienwirtschaft bedeutet

Die zukünftigen Regierungsparteien SPD, Grüne und die FDP haben am 24. November Ihren ausgearbeiteten Koalitionsvertrag präsentiert.


Im Blogbeitrag möchte ich auf die wesentlichen Neuerungen eingehen, die der Koalitionsvertrag meiner Meinung nach in Bezug auf die Immobilienwirtschaft mit sich bringt und welche Forderungen aus den Sondierungen nicht enthalten sind.

Was der Koalitionsvertrag für die Immobilienwirtschaft bedeutet

© Adobe Stock


Zunächst muss gesagt werden, dass es ein eigenständiges Bauministerium geben wird, was die Bedeutung der Schaffung neuen Wohnraums verdeutlicht. Bisher war dies lediglich anderen Ministerien unterstellt. Geführt werden soll es von der SPD.



Allgemeines

"Solange nicht genug bezahlbare Wohnungen gebaut werden, verhindert die Wohnraumknappheit vor allem in Ballungsgebieten, dass sich angemessene Mieten am Wohnungsmarkt bilden können."

Dieser Satz kommt im Koalitionsvertrag vor und steht für mich wie kein Zweiter für deren Inhalte. Dem Satz nach zu urteilen liegt die oberste Priorität also in der Erstellung von neuem Wohnraum.

In den kommenden vier Jahren sollen jährlich 400.000 Wohnungen neu gebaut werden, davon 100.000 mit öffentlicher Förderung. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 Betrug die Zahl der Baufertigstellungen in Deutschland ca. 306.000. Dieses Vorhaben ist richtig und muss auch so ambitioniert sein. Dabei muss der Neubau vor allem in den Ballungsräumen stattfinden, wo die Flächen dafür bereits sehr begrenzt sind. Ich denke hier gilt es ungenutzte Potentiale in und um die Großstädten zu erkennen, um ungenutzte Flächen dem Wohnungsmarkt zuzuführen und auch höher zu bauen.

Dafür sollen Potentialflächenregister in den Kommunen eingeführt werden. In Hamburg würde das in Verbindung mit dem vor kurzem beschlossenen Baugebot zu vermehrten Lückenschließungen und Nachverdichtungen führen. Freie Grundstücke müssten demnach bebaut werden und dürfen dem Wohnungsmarkt nicht vorenthalten werden.


Auch die dauerhafte Sozialbindung von Wohnraum wird angesprochen. Derzeit ist es so, dass öffentlich geförderter Neubau über eine Mietpreisbindung, d.h. über eine Mietobergrenze verfügt. Ein Vermieter muss bspw. für 6,60 €/qm eine vorher festgelegte Anzahl von Jahren vermieten und erhält dafür Fördermittel der Stadt. Diese Bindung fällt jedoch nach 20 Jahren (Mindestzeitraum in Hamburg) weg, wodurch anschließend Mieten u.U. stark angehoben werden. Eine dauerhafte Sozialbindung würde den Mietpreis auf ewig festlegen, wurde bisher aber teilweise von Gerichten gekippt.


Dieses Vorhaben hätte meiner Meinung nach sehr positive Auswirkungen auf dauerhaft günstigen Wohnraum in angespannten Wohnungsmärkten. Derzeit fallen ca. 50.000 - 60.000 Wohnungen pro Jahr aus der Sozialbindung.



Digitalisierung und Vereinfachung

Die Digitalisierung ist auch in der Immobilienwirtschaft ein großen Thema. Demnach sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden und Bauleitplanverfahren vollständig digitalisiert werden.


Für mich ist das einer der wichtigsten Punkte bei der Schaffung neuen Wohnraums. Über Bauanträge muss schnell geurteilt und Baugenehmigungen erteilt werden. Die Probleme, die ich hierbei sehe: Solch eine digitale Infrastruktur muss erst einmal aufgebaut werden, Personal muss im Umgang damit geschult werden und überhaupt bedarf es an deutlich mehr Personal in den Behörden, um die Anträge zügig zu bearbeiten.


Klimaschutz im Gebäudebereich

Eines der umfangreichsten Kapitel beim Thema Bauen und Wohnen ist der Klimaschutz im Gebäudebereich.

Die Neubauförderung für den KfW-Effizienzhausstandard 55 läuft im März 2022 aus. Sie soll nun durch ein neues Förderprogramm im Neubaubereich ersetzt werden. Zudem soll jede Heizung, welche ab 2025 installiert wird, auf der Basis von 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden. Bereits ab 2024 werden für Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen. Zudem wird der Neubaustandard ab 2025 KfW-EH 40 sein.

Das Bauen im Bestand als auch im Neubau verteuert sich also weiter. Hierfür soll es Förderprogramme geben, auf die jedoch nicht näher eingegangen wird.


Die lineare Abschreibung (AfA) für den Neubau wird von 2 % auf 3 % angehoben. Das war eine klare Forderung der FDP in deren Sondierungspapier.


Ein großes Thema wird zukünftig auch sein, in welchem Verhältnis Vermieter und Mieter die zu zahlenden CO2-Preise übernehmen. Hierfür soll es ab Juni 2022 ein Stufenmodell geben, das sich nach den Gebäudeenergieklassen richtet, welches die Umlage des CO2-Preises nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz regelt.


Photovoltaikanlagen werden für Gewerbebauten zukünftig verpflichtend und bei privatem Wohnbau die Regel. Private Bauherren sollen dabei administrativ und finanziell nicht überfordert werden. Ich denke daher, dass es hier Förderprogramme geben wird.


Schutz der Mieterinnen und Mieter

Beim Mieterschutz werden vergleichsweise konkrete Angaben gemacht.

Geltende Mieterschutzregelungen werden evaluiert und verlängert. So wird die Kappungsgrenze in angespannten Wohnungsmärkten von 15 % auf 11 % abgesenkt. Demnach ist es Vermietern nur möglich, die Miete innerhalb von drei Jahren um maximal 11 % an die ortsübliche Vergleichsmiete anzupassen.


Die Mietpreisbremse wird bis 2029 verlängert. Für Mietspiegel, die es zukünftig in allen Gemeinden ab 100.000 Einwohnern geben soll, wird der Betrachtungszeitraum der Mietverträge auf siebe Jahre ausgeweitet. Die Grünen hatten hier vorab 20 Jahre gefordert.


Ich halte diese Regelungen für eher moderat. Die Verlängerung der Schutzmaßnahmen für Mieter und Mieterinnen waren erwartbar. Die Absenkung der Kappungrenze ist ein guter Kompromiss der Parteien, bei dem sich eher die FDP durchgesetzt hat. Grüne wollten die maximale Anhebung der Mieten um jährlich 2,5 %, die SPD war lediglich für die Anpassung an die Inflation, was quasi einen Mietendeckel bedeutet hätte.


Wohneigentum

Ein großes Thema ist hier der verstärkte Eigentumserwerb durch private Haushalte. Dafür soll das Eigenkapital durch Darlehen ersetzt werden können. Zudem sollen die Erwerbsnebenkosten durch die Einführung von Freibeträgen bei der Grunderwerbsteuer gesenkt werden - eine Forderung, die zumindest Grüne und FDP vorab hatten.


Alle Parteien waren sich zudem einig, dass Share Deals nicht mehr möglich sein sollen und die daraus resultierenden Mehreinnahmen der Grunderwerbsteuer einerseits zur Finanzierung der sinkenden Grunderwerbsteuer andererseits dienen.


Weiterhin dürfen Immobilien nicht mehr mit Bargeld erworben werden und es wird einen echten Sachkundenachweis für Makler, Miet- und WEG-Verwalter geben. Ich bin sehr gespannt was dieser beinhalten wird.


Sehr interessant: Es soll eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden, inwieweit ein Grundbuch auf der Blockchain möglich und vorteilhaft ist.


Was steht nicht im Koalitionsvertrag

Die Abschaffung der Spekulationssteuer, also dem steuerfreien Verkauf nach einer Haltedauer von 10 Jahren bei Kapitalanlageimmobilien, wird im Koalitionsvertrag nicht erwähnt. Daher sind Gewinne , die durch Immobilien erzielt werden, als eine der wenigen Ausnahmen nach gewisser Zeit weiterhin steuerfrei.


Auch Die Einführung eines Immobilieneigentümer-Registers, das öffentlich einsehbar ist und sowohl von der SPD als auch den Grünen im Sondierungspapier gefordert wurde, ist ebenso kein Bestandteil.


Die Grünen wollten, dass Eigenbedarfskündigungen bei schutzbedürftigen Personen ausgeschlossen werden. Dieser Punkt findet sich jedoch nicht wieder. Ich denke Mieter sind hierbei bereits ausreichend geschützt und für schutzbedürftige Personen sollten andere Möglichkeiten bei der Suche nach alternativem Wohnraum geben.


Und auch das von den Grünen geforderte Bestellerprinzip beim Kauf/ Verkauf von Wohnimmobilien kommt nicht zur Sprache. Als Vertreter dieser Branche halte ich das für richtig, denn die Courtageteilung, welche nun i.d.R. stattfindet, ist eine gute Lösung für Käufer als auch Verkäufer - schließlich bieten wir Mehrwert für beide Parteien.

 

Fazit und Meinung

Alle Punkte, die die drei Parteien übereinstimmend in Ihren Sondierungspapieren aufgegriffen haben, finden sich im Koalitionspapier wieder. Die größten Unterschiede waren vorab beim Mieterschutz zu verzeichnen. Hier hat sich für mich klar die FDP mit Ihren Forderungen durchgesetzt. Ich halte das für sehr gut, denn meiner Meinung nach liegen steigende Mieten nicht am zu geringen Mieterschutz in Deutschland. Vielmehr müsste die teilweise unrechtmäßige Anhebung des Mietzins stärker kontrolliert werden und Strafen bei der Nichtbeachtung von gesetzlichen Regelungen durchgesetzt werden.


Es wird darauf ankommen, schnell digitale Strukturen aufzubauen, Personal für die Behörden zu akquirieren und Prozesse zu digitalisieren und zu automatisieren. Über Bauanträge muss zeitnah entschieden werden und in Ballungsräumen muss mehr Verdichtung beim Bauen zugelassen werden. Vor allem muss höher gebaut werden dürfen, auch losgelöst von bestehenden Bebauungsplänen!


Es wird spannend sein zu beobachten, wie die Baukosten durch den zunehmenden Klimaschutz im Gebäudebereich gesenkt bzw. im Zaum gehalten werden können, denn Neubau als auch sanierter Bestand müssen bezahlbar sein.


Für mich stellen diese Inhalte diese Koalitionsvertrages die Weichen für eine positive Wohnungs(bau)politik. Jetzt gilt es die Dinge schnellstmöglich umzusetzen!


Den gesamten Koalitionsvertrag können Sie hier herunterladen


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